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Ein GlasperlenSpiel

 

"....denn mögen auch in gewisser Hinsicht und für leichtfertige Menschen die nicht existierenden Dinge leichter und verantwortungsloser durch Worte darzustellen sein als die seienden, so ist es doch für den gewissenhaften GeschichtsSchreiber gerade umgekehrt: nichts entzieht sich der Darstellung durch Worte so sehr und nichts ist doch notwendiger, den Menschen vor Augen zu stellen, als gewisse Dinge, deren Existenz weder beweisbar noch wahrscheinlich ist, welche aber eben dadurch, dass gewissenhafte Menschen sie gewissermaßen als seiende Dinge behandeln, dem Sein und der Möglichkeit des GeborenWerdens um einen Schritt näher geführt werden.

Hermann Hesse "Das GlasperlenSpiel"

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Stell Dir ein Spiel vor, in dem Mathematik, Philosophie, Kybernetik, Psychologie und noch viele weitere WissensGebiete zusammenfließen. Ein Spiel, das als Metapher auf die Welt und das Universum gespielt wird in so vielen Varianten wie es Menschen gibt. Ein Spiel, in dem es keine Gewinner oder Verlierer gibt und weder einen Anfang noch ein Ende. Das Spiel ist das Spiel. Und jeden Augenblick erfüllt es sich selbst.

Um eine ungefähre Vorstellung von der Komplexität des Spiels zu bekommen, versuchen wir, ein imaginäres BrettSpiel zu konstruieren (es wird dies sehr schnell in den virtuellen Bereich der VorstellungsKraft kommen und selbst diese Grenzen sprengen - wie dies jede Metapher, die dem hier beschriebenen Gegenstand gewidmet ist, zwangsläufig tun muss) :

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"EIN GLASPERLENSPIEL"

Acryl auf Holz, 120 x 120 cm

1 Schritt: Wenn Du ein Schachbrett nimmst und legst auf das erste Feld ein Korn, auf das zweite zwei, auf das dritte vier, auf das vierte acht und so weiter, wirst Du bald auf eine Zahl an Körnern kommen, die kein Land der Erde im Stande ist, zu ernten. Eine Metapher für die Unendlichkeit der Zugmöglichkeiten bei diesem Spiel. Nun bedenke, dass die verschiedene Funktion der SpielFiguren die Möglichkeiten und Qualitäten der Züge noch viel weiter potenziert. Allein das ließ das SchachSpiel zur Königin der Spiele und zum Spiel der Könige werden.

2. Schritt: Nun stelle Dir vor, dass die Figuren nicht nur auf ganzen Feldern ziehen können, sondern zum Beispiel 0,24 Züge auf den Bauern entfallen, 0,35 Züge auf den Turm und die restlichen 0,41 Züge auf die Dame. Und dann stell Dir vor, dass diese Verteilung noch je nach "Wertigkeit" der einzelnen Figuren mit- und gegeneinander ins Verhältnis gesetzt werden kann.

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Fuzzy Logic

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"Kleines WeltTheater"

Akryl auf HolzPlatte 140 x 100 cm

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Optionen

Diese Bilder stammen aus meiner Serie "SchachParabeln", in der ich mich unter anderem auch mit dem hier beschriebenen Thema beschäftigt habe.

3. Schritt: Im Weiteren stell Dir vor, dass die Figuren nicht nur als ganze Figur bewegt werden können, sondern ebenfalls in frei bestimmbaren Teilen ihrer Potenz. Also 0,4578 Springer oder 0,972 Läufer und versuche diesen Gedanken mit den oben erwähnten in Verbindung zu bringen.

4. Stell Dir jetzt einen Würfel vor. Jede der sechs Seiten wird durch ein Schachbrett, wie das oben beschriebene, gebildet und diese Schachbretter setzen sich würfelförmig kreuz und quer durch dieses imaginäre Schachbrett fort. Also ein dreidimensionaler "SchachWürfel", nur noch im Geist oder virtuell darstellbar. Und nun stell Dir ein Spiel vor, das mit all den vorher beschriebenen Differenzierungen "kreuz und quer" durch alle Ebenen dieses Würfels gespielt werden kann - rechts und links, nach oben und unten und in allen Diagonalen.

Und als Letztes bedenke, dass dieses für jeden Menschen und jeden Computer unfassbare Spiel immer noch erst so groß ist, wie eben ein dreidimensionales SchachSpiel. Versuche Dir jetzt auch nur ungefähr vorzustellen, welche potenziellen Dimensionen (un-)denkbarer Möglichkeiten dieses Spiel hätte, wäre es so groß wie ein Haus, unsere Erde, unser SonnenSystem.

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Kleine Anekdote der ChaosTheorie

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Discovering Tao

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Komplex

Diese Bilder stammen aus meiner Serie "SchachParabeln", in der ich mich unter anderem auch mit dem hier beschriebenen Thema beschäftigt habe.

Wenn Du Dir dies vor Augen geführt hast, beginnst Du zu ahnen, was in der Astrologie versucht wird: Die "SpielRegeln" eines ähnlichen Spiels zu erfassen und zu deuten. Wir können die Grundgesetze der Wirksamkeit dieses Spiels (noch?) nicht begreifen - mit unseren heutigen Kenntnissen bewegen wir uns noch immer staunend auf unserem zweidimensionalen "SchachBrett" - die Erde unserer Erkenntnisfähigkeit gleicht noch immer der Scheibe in den Ansichten des MittelAlters. Und es gibt heute wie damals genügend Gelehrte, die schwören, dass es nichts außer dem geben könnte, was wir heute zu sehen und zu begreifen fähig sind. Alles andere wird für nicht existent oder unmöglich erklärt oder einem wie auch immer definierten "Gott" zugeschrieben. Und selbst die Möglichkeit einer solchen universellen Kraft wird von den meisten Menschen in der Begeisterung für die Fassbarkeiten unseres flachen "Schachbretts" vergessen oder verleugnet. "Der Kleine sieht am Großen das, was er eben zu sehen vermag" vermerkte schon lapidar Friedrich Nietzsche.

Und doch gibt es schon seit geraumer Zeit Vorboten neuer Sichtweisen. Einer der prominentesten ist Immanuel Kant mit seiner Trilogie "Kritik der reinen Vernunft", "Kritik der Urteilskraft" und "Kritik der praktischen Vernunft".  In der jüngeren Disziplin der Psychologie wäre an dieser Stelle C.G.Jung zu nennen.

Wir stehen an der Schwelle eines neuen Zeitalters (unter Astrologen wird es das "WassermannZeitalter" genannt). Es definiert sich nicht aus unserer Jahrtausendwende. Aber es wird immer ersichtlicher, dass es alle Charakteristika des "Wassermanns" zu entwickeln beginnt. Zunehmende Komplexität und Vielschichtigkeit der Entwicklungen, Verfließen von Grenzen tradierter Festlegungen, "Wichtigkeit der Gefühlsdinge in den Unternehmungen des Geistes" (vice versa), stärkere Individualisierung, Nonkonformismus als Konformität.

Die Sängerin " Melanie" schrieb in den 1970ern in eines ihrer Lieder den Satz: "As I see it now, the world is changing - keeping us whole, is the main thing ...". Vielleicht kann das "GlasperlenSpiel" der Astrologie in einer Zeit immer globalerer und komplexerer Entwicklungen ein Weg sein, uns inmitten dieser Entwicklungen unserer selbst zu versichern - um uns dadurch solchermaßen bewusst werdend sicherer im Strom der Zeitläufte eine lebendige und zugewandte Position einnehmen zu lassen.

November 2001  Thomas Weisenberger

copyright (text&pictures): thomas weisenberger 2001