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09. Februar 2006

... irgendwo - die Zweite ...

 

Schnee-Blizzard, Wintergewitter, Straßenchaos. Gerade mal noch schnell auf einen ruhigen Parkplatz zwischen Büschen und Bäumen gerettet, dann fiel mir fast der Himmel auf den Kopf: in Minutenschnelle war das Wohnmobil von der Außenwelt abgeschnitten - zumindest optisch ......

 

Ringsum tobte ein Wintergewitter mit dichtem Schneesturm. Sichtweite 10 Zentimeter - sprich: undeutlich konnte ich aus dem hinteren Fenster über der Küchenzeile noch wahrnehmen, dass es unsere Fahrräder nicht wegwehte, ansonsten wogte ringsum undurchdringliches Weiß. Das Banner der Kreuzerabteilung (u.) erinnerte mich daran, dass ich doch bitteschön dankbar sein dürfte: dieses Wetter auf See - undenkbar. Kurz darauf meldete das Radio die ersten Massenkarambolagen auf der Straße.....

 

 

Im Wohnmobil wurde es dagegen "urgemütlich": binnen weniger Minuten pustete die Heizung die Innentemperatur auf "mollig" und abgeschnitten musste ich mich auch nicht lange fühlen: mit UMTS war ich schnell im Internet, um fällige E-Mails zu beantworten und bei ebay einen praktischen Laptop-Drucker zu ersteigern (und auch gleich per Online-Banking zu bezahlen...). Immer wieder ein paar Blicke hinaus ins "Schneechaos" dem ich unter diesen Umständen ganz gelassen ein paar malerische Aspekte abgewinnen konnte:

 

 

Nachdem ich brav eine Zeit lang im Hof der Schwiegereltern ausgeharrt hatte, beschloss ich gestern Abend, dass jetzt doch wieder einmal etwas mehr "Weite" angesagt sein sollte und als mein liebend Weib nicht sofort mit Ehekrach und Scheidung drohte, sondern wie meist (und dennoch immer wieder wunderbarer Weise ... ) Verständnis zeigte, gab es heute Morgen einen gelassenen Blitzstart. Frau und Hund bleiben im Warmen und Sicheren, wohlversorgt mit Klavier, Computer-Workstation und .... Muddis Küche (s. letztes Logbuch). Während der Fahrt höre ich mir auf B5 die neuesten Islam-Karikaturen-News an - da mag man ja fast nichts mehr über das Thema "Glauben" äußern (s. letztes Logbuch). 

Zur Präzisierung der am Ende jener Eintragung gemachten Andeutung muss ich daher vielleicht doch kurz nachschieben, wie´s gemeint ist: Seit einigen Jahren verfolge ich die Entwicklungen rund um die diversen Gedankengebäude der "String-Theorie", die (vereinfacht gesagt) mit mathematischen Modellen das uns sichtbare Weltall in weitergehende Bereiche "fortrechnet". Das Dumme nur: wir werden wohl nie auch nur das greifen können, was wir heute in der Lage sind, zu sehen. Das, was die teilweise sehr "eleganten" Modelle der Stringtheorie darzustellen versuchen, werden wir jedoch wahrscheinlich nicht einmal zu sehen bekommen - es liegt "um die nächsten paar Ecken" des Universums, teilweise gar in nur noch vage mit rechnerischen Mitteln umschreibbaren Dimensionen, die uns bis dato völlig unbekannt sind. Das ärgert nun manche Wissenschaftler von heute mindestens so sehr, wie wenn im Mittelalter irgendwelche haltlosen Spinner von der Erde als irgendwie im Weltraum herumtaumelnder Kugel schwafelten oder von einer riesigen Insel jenseits des Atlantiks schwadronierten. Damals wie heute: was man nicht fassen, sondern nur aufgrund theoretisch - kreativen Forschergeistes postulieren kann, gibt´s einfach nicht. Die zeitgemäße Inquisition fuchtelt mit der Geisel fehlender "Verifizierbarkeit" herum. So ähnlich stelle ich mir die Situation zu Zeiten Galileos und vor dem Aufbruch von Columbus vor. In beiden Fällen wurde aufgrund von Beobachtungen und eingehenden Überlegungen etwas zwingend Folgerichtiges "geglaubt". Fassbar war es vorerst nicht, also war die Schar der "Glaubensgenossen" eine recht kleine. Die vorgeblichen Realisten konnten die Banner ihrer geistigen Bequemlichkeit im Zeichen der Vernunft all jenen ins Blickfeld schwenken, die nur ein paar Argumente brauchten, um ihre Denkfaulheit zu bemänteln.

 

 

Nachtrag 19. Februar 2006: Wer in den letzten Tagen in diesem Logbuch vorbeigeschaut hat, fand an dieser Stelle, anknüpfend an die oben stehenden Überlegungen zum Thema "Glauben", eine relativ ausführliche Stellungnahme zum verharmlosend "Karikaturenstreit" genannten Konflikt. Die letzten Entwicklungen in diesem Konflikt machten mir deutlich, dass, zumindest jetzt, hier und in dieser Form fast "jedes Wort zu viel" ist, daher habe ich den ursprünglichen Text wieder entfernt. Ich hatte in diesem Text angemerkt, dass bestimmte Dinge im geistigen Sinn "nicht satisfaktionsfähig" seien. Was die dänisch-muslimischen Glaubensbrüder anstießen, wie sie es anstießen und wie sich dies zu einem Flächenbrand undifferenzierter und unzivilisierter Gewalt ausweitete, erscheint mir in diesem Sinne als "nicht satisfaktionsfähig" und lässt es mir mittlerweile als unmöglich erscheinen, mich zu der Sachlage noch differenziert zu äußern. Der Terror, der von der islamischen Welt ausgeht, hat inzwischen Europa erreicht und das in einer der bedrückendsten Formen: in der Repression gegen künstlerische, intellektuelle und gestalterische Freiheit. Dieser Vorstoß wird, soweit ersichtlich, von allen Teilen der muslimischen Bevölkerung in Europa wo nicht initiiert, so doch mitgetragen und unterstützt. Selbst die Distanzierungen von Gewalttaten fallen zu halbherzig aus, um wirklich glaubhaft zu wirken. Aus grundlegenden Überzeugungen heraus und vor dem Hintergrund einer leidvollen Geschichte der Unterdrückung freier Meinungsäußerung in der Geschichte lassen die jüngsten Entwicklungen nach meinem Dafürhalten nur einen Schluss zu: ein Dialog mit Menschen, die den Dialogpartner mundtot machen wollen, ist nicht möglich, ein Akzeptieren der Vorkommnisse allerdings noch weniger. Es bleibt im Augenblick nur die entschiedene Ablehnung einer detaillierteren Erörterung des Themas. Keine allzu direkte und dezidierte Äußerung also, aber damit ganz sicher trotzdem kein Einverständnis oder auch nur Verständnis. Die in Europa ansässigen Muslime haben gezeigt, dass sie bereit sind, Unterdrückung, Repression und Gewalt anzustoßen und dadurch in westliche Länder zu tragen. Als überzeugter Befürworter einer freiheitlichen Gesellschafts- und einer demokratischen Staatsform und als kreativ arbeitender Mensch ist es mir (vorläufig?) nicht (mehr) möglich, einen Ansatzpunkt für Akzeptanz oder Dialog zu erkennen. Man kann mit einer wütenden Sturmflut keinen Dialog führen - man kann nur versuchen, sich ihrer da, wo sie auftritt, mit Dämmen erwehren.

Zwei Punkte immerhin als "ceterum censeo":

- die Darstellung eines mit einem alttestamentarischen Abbildungsverbot belegten Glaubensinhalts ist in der abendländischen Kultur seit Jahrhunderten obsolet: die Bilder Michelangelos in der Sixtinischen Kapelle im Auftrag der Römischen Kirche geben davon beredtes Zeugnis. Ob ein kleiner, mehrheitlich erst in den letzten beiden Jahrzehnten in westliche Länder eingewanderter Teil der Bevölkerung freiheitliche Grundgerechte wieder außer Kraft setzen kann, ist, unter diesem Aspekt gesehen, keine theologische, sondern eine staatsrechtliche Frage:

- Der Islam kann nicht als Religion im westlich-säkularisierten Sinne aufgefasst und bewertet werden. "Islam" bedeutet nie "nur" Religion, sondern immer auch Staat (auch wenn er "exterritorial" in Erscheinung tritt): Sir Muhammat Iqbal, einer der Gründer des "modernen" Islam bestand stets und ganz dezidiert darauf, dass "der Islam keine Kirche, sondern ein Staatswesen" sei. Der strenge Monotheismus schließt zudem eine Verbindung von authentischem Islam und offener Demokratie "per se" aus (Walter Schmithals in der ZEIT Nr. 7 vom 09. Februar 2006).  Zitat: "Deshalb ist es ein Gebot nüchterner Einsicht, die Hoffnung auf eine multikulturelle Gesellschaft nicht mit dem Traum eines "Euro-Islams" zu verbinden ..... einen Euro-Islam kann es nicht geben.".

 

 

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