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Im Ganzen gesehen bedeutet
uns die Verzögerung jedoch keine allzu gravierende Anfechtung, da die
Gründe dafür hoch spannend und erfreulich sind. Zunächst einmal ist
mein erstes Buch über Aquarellmalerei im Entstehen. Um näher am
Geschehen zu sein, sattelte ich unsere "Straßenyacht", das
heißt: zum ohnehin vorhandenen Schreibtisch auf der linken Seite wird
die gegenüber liegende Sitzecke temporär gegen einen zwei Meter
breiten Zeichentisch ausgetauscht (das Bild (u.) auf Zeichentisch und
Bildschirm stellt, nebenbei bemerkt, den Boulevard des Haupthafens der
Insel Aigina (Saronischer Golf) dar):
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So ausgestattet "segelte" ich gen Stuttgart und stehe nun des öfteren entweder ganz praktisch direkt vor dem Verlagshaus, um während der Arbeit dies und jenes mit der Resortleiterin auf "kurzem Wege" besprechen zu können, oder auf meinem Lieblingsplatz unweit des Hauses, in dem die zuständige Redakteurin residiert und arbeitet. Wer hätte nicht gerne einen Arbeitsplatz mit balustraden-verzierter Terrasse davor und diesem Ausblick aus dem Panoramafenster vor dem Arbeitstisch - wenn man denn mal eben den Blick vom "Wirken und Werken" reißen kann:
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Mein Geburts- und nunmehr temporärer Tätigkeitsort Stuttgart bei Tag und Nacht. Mein Standort ist, obwohl direkt oberhalb des Stadtzentrums gelegen, wundersamer Weise sehr still, ein Campingplatz zur gelegentlichen Ver- und Entsorgung des Wohnmobils ist trotzdem nur zehn Minuten weit entfernt und durch die günstige Lage kann die Redakteurin immer wieder mal schnell vorbeischauen, Ratschläge und "Hausaufgaben" abliefern (und nebenher meine stets bereit stehenden Erdnüsschen niedermachen ...). Hin und wieder ist ein Gang in die üppig bestückten Bibliotheken der Stadt fällig und dann kommt das Fitnessprogramm zum Einsatz: Eine erkleckliche Menge an Höhenmetern will abwärts in lockeren Sprüngen über die berühmten "Stäffele" getrabt (auch das geht ordentlich in die Waden) und auf dem Rückweg, behängt mit schweren Büchertaschen (Bild- und Kunstbände im Großformat) wieder erklommen werden:
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Versüßt werden die Stadtbegehungen durch das Wandern entlang der wohlvertrauten Sehenswürdigkeiten der Stuttgarter Innenstadt:
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Altes und Neues Schloss, der Glaswürfel der neuen Kunsthalle, der Königsbau und der Kunstverein, der Schlossplatz und der anschließende Schlossgarten mit Oper und Theaterbau. Stolz präsentiert sich das Resultat schwäbischer Wohlhabenheit, geboren aus nicht minder schwäbischem Fleiß, Erfindergeist und all der anderen Tugenden, derer sich das "Ländle" zu rühmen weiß: "Mir kennet älles - außer Hochdeutsch" (Für preußische Fremdsprachler: Wir können alles....).
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Zusätzlich steht natürlich "an jedem Eck" irgendwas Dekoratives, von modern bis archaisch, selbst die U-Bahn bekam in den Siebzigern seriellen Minimalismus verpasst (Mitte):
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Wen in solcher Umgebung nicht die Muse küsst, der hat Mundgeruch an der Seele und Fußpilz auf den Augen. Dass vierzehnstündige Arbeitstage von mir mit Begeisterung absolviert werden, vermittelt sich vor diesem Hintergrund jedenfalls vielleicht auch dem nur mäßig geneigten Leser. Ab und zu muss dieser lauschige Wohn- und Arbeitsplatz jedoch verlassen werden, zum Beispiel wenn die Pflicht gen Bad Windsheim ruft. Ich brauche ungefähr zwei Tage, um die Strecke Stuttgart - Bad Windsheim zu bewältigen: Das vor- und nachmittägliche Arbeitspensum wird wie gewohnt absolviert, mal auf Rastplätzen, mitten in der Landschaft oder wo es sonst gerade passt. In den Arbeitspausen bewege ich dann das Wohnmobil ein wenig, oder koche mir etwas, oder schlafe oder ... Alles ist ja ergonomisch platziert dabei. Es mutet fast seltsam an, wenn bei stationären Aufenthalten doch einmal morgens nach dem Aufwachen das Szenario vor dem Fenster noch immer dasselbe wie am Vortag ist. In Bad Windsheim gibt´s einen "Wohnmobilhafen" (heißt wirklich so) neben dem neu erbauten "Thermal- und Wellness- Zentrum. Dessen weiträumige Hallen und Flure werden nun mit Motiven aus meiner "Montalban"-Serie ausgestattet. Teils "konventionell" gerahmt für das Labyrinth der Wellnessabteilung, teils im Großformat auf meterlange Stoffbahnen gedruckt, die frei hängend über den Becken der großen Badehallen schweben sollen:
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Nach einem kurzen Zwischenstopp im "Ries" bei dem ich das Wohnmobil wieder von Atelier- auf "Familienbetrieb" umbaue, nehme ich Elisabeth und Pia an Bord und wir machen uns auf den Weg in ein Nachbarland mit hohen Bergen, schönen Seen und ziemlich vielen Dialekt sprechenden Einwohnern. Elisabeth hat eine vakante Kantorenstelle entdeckt, die für das Profil ihrer Fähigkeiten und Ambitionen wie maßgeschneidert scheint. Und das an einem Ort, an den wir nun, wenn wir schon zurück "an Land" kommen, wirklich gerne ziehen würden. Also war in den letzten Wochen fleißiges Üben an der Orgel angesagt, da am Schiff ja "nur" ein elektronisches Klavier zur Verfügung stand. Jetzt genossen wir die gemeinsame Reise, für die wir uns zwei Tage Zeit nahmen.
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Nach insgesamt acht Stunden Fahrtzeit waren wir da: mildes Klima, weitgestreckte Weingärten, ein schilfumstandener See (eines der schönsten Binnensegelreviere Europas), freundliche, kleine Ortschaften - Weltkulturerbe und Festspielstadt, nur eine knappe Autostunde entfernt von einer der schönsten Hauptstädte Europas.
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Ein Kilometer hinter dem Ort hört Europa auf - zumindest im Winter. Im Sommer dürfen Radfahrer und Wanderer trotzdem den See komplett umrunden, auch wenn das Nachbarland dem "Schengener Abkommen" noch nicht beigetreten ist. Wir fahren auf den großen, um diese Zeit verlassenen Parkplatz der Seefestspiele über einen zwei Kilometer langen Damm auf eine Insel und fühlen uns sofort zu Hause: neben der imposanten Festspieltribüne erstreckt sich ein großes Areal mit gepflegten Stegen: Yachthafen und Yachtclub sind ebenfalls hier angesiedelt und da der Frühling naht, werden bereits die ersten Boote zu Wasser gebracht. Ausgiebige Fachsimpeleien sind unumgänglich. Am nächsten Morgen macht sich Elisabeth mit der örtlichen Orgel und der Gattin des Kirchenvorstandes bekannt. Am späten Nachmittag sind wir zu einer Weinprobe und einem ganz privaten Weinseminar geladen. Solchermaßen eingestimmt und beschwingt bezieht Elisabeth ein Pensionszimmer, das freundlicher Weise allen Kandidaten und -Innen zur Verfügung gestellt wird. Pia und ich verziehen uns am Abend wieder zum Yachthafen, an dem es um diese Jahreszeit so einsam ist, dass man wähnen könnte, hier sei nicht nur Europa, sondern die ganze Welt zu Ende. Ab und zu ein paar Laute der zahlreichen Wasservögel, sonst umgibt uns absolute Stille und später fast rabenschwarze Dunkelheit.
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Elisabeth nutzt die beiden ersten Tage unseres Aufenthalts an der Orgel, ich arbeite im Wohnmobil und koche mittags und abends etwas Feines, nachdem ich Elisabeth von der Kirche oder Pension abgeholt habe und wir wieder "hinaus zur Insel" gefahren sind. Am nächsten Tag kommt die zweite eingeladene Kantorin an. Elisabeths "Konkurrentin", wie wir gesagt bekommen. |
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Also vergehen die Tage in schönster Eintracht - und
beträchtlichem Stress: Ich bekoche Elisabeth nicht nur, sondern
versuche sie auch allgemein ein wenig zu unterstützen (zu Neudeutsch "coachen"), so gut ich das
eben kann. War da ein
falscher Ton beim Orgelspiel, stimmen die Tempi, war die Registrierung nicht nur gut auf
das Stück, sondern auch auf die Akustik der Kirche abgestimmt, kam die
Chorprobe gut an - und der Gemeindegesang? Dazwischen leichte Mahlzeiten
im Wohnmobil, Spaziergänge zur Entspannung und
"Manöverkritik". Nebenbei teilen wir mit der Mitbewerberin
(der Ausdruck gefällt uns wesentlich besser..) Seelenstärkung und
Espresso, welch letzteren ich schnell im Wohnmobil koche, weil
das grade so praktisch vor der Kirche steht. Nachdem auf diese Weise
weitere zwei Tage vergangen sind, werden wir herzlich verabschiedet und
wissen nur, dass die Gestaltung unserer Zukunft noch weitere vier Wochen
partiell von den Entscheidungen des achtköpfigen Kirchenkuratoriums abhängt:
dann werden nämlich nach Plan noch ein paar Kandidaten geprüft.... Ich
hab ja "gut zu tun" mit der Erarbeitung meines Buches -
Elisabeth wiederum wird sich noch eine Zeit bei ihrer Muddi (und
natürlich Vaddi) einquartieren, Orgel und Klavier spielen, an ihren
Kompositionen mit Synthesizer und Computer feilen .... und das zarte
Pflänzchen der Hoffnung auf "ihre" neue Stelle hegen. Wendet
danach die Unity den Bug von Korfu aus nach Norden oder Westen? Das
liegt nun bis Ende April in den Händen einiger Damen und Herren, deren
Entscheidung wir versuchen mit der Gelassenheit eines buddhistischen
ZEN-Mönchs entgegenzusehen - auch wenn ja eigentlich alles durch und durch
protestantisch ist...
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