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Logbuch-Übersicht
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Oben: Mit achterlichem Wind unter Vollgenua laufen wir Trizonia mit über 5 Knoten von Westen an > links das Festland, rechts vorn die Insel Trizonia, dazwischen die Meerenge, durch die wir zum geschützten Hafen gelangen. |
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Antikyra, 03. September 2004
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Ein Liegeplatz, der uns mit ambivalenten Gefühlen
erfüllt. Einerseits ein wirklich nettes Dörfchen und am Pier sicheres Liegen
längsseits mit Strom und Trinkwasseranschluss gratis. Das Wasser der
Bucht, glasklar, lädt zum Bade. Also was wollen wir denn, wir undankbares
Volk? Nun, dann beschreiben wir den zweiten Teil der Idylle: Hinter dem
Boot erhebt sich ein hoher Berg über der Bucht. Militärisches
Sperrgebiet. Am Fuß des Berges ein sorgfältig bepflanztes Areal, mit
komischen Hügeln darin. Auf den Hügeln große Abdeckungen. Wo auch immer
habe ich schon einmal Abbildungen von Abschußanlagen für
Lenkwaffen-Raketen gesehen. Das sieht dann ziemlich genau so aus, wie diese
Silos. Und nun das Seltsame: Abends wird der Berg und das Gelände
festlich illuminiert. Fotografieren (und natürlich Betreten) ist jedoch
strengstens verboten. - ????? - Sind die Griechen so stolz darauf, ein
Arsenal von Lenkwaffen zu haben, dass sie diese, wiewohl
"eigentlich" geheim, des Abends zur eigenen Ergötzung festlich
illuminieren?
Auf der anderen Seite der Bucht gibt´s dann noch ein hoch giftiges Aluminiumwerk. Das fördert die Idylle auch nicht gerade, bringt aber offensichtlich etwas gepflegten Wohlstand und so ist die Stimmung hier sehr freundlich, friedlich. Die Menschen sind kommunikativ und nett (schon manchmal fast zu sehr - jeden Abend sitzt ein freundlicher Grieche, der mal in Deutschland gearbeitet hat, auf unserem Achterdeck und ist fast nicht mehr fort zu bewegen....). |
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In diesen Hafen kommen nicht viele Fremde. Die tief
eingeschnittene Bucht liegt zu sehr abseits der "Rennstrecke"
durch den Golf und es gibt am Pier
eigentlich nur drei sichere Anlegeplätze. Dazu pfeifen starke Fallwinde
von den umliegenden Bergen. Außer uns liegt zur Zeit nur
noch eine mittelgroße (ca. 11m) englische Motoryacht am Kai. Ihr
Schicksal ist nun von der Sorte, bei der Elisabeth gleich anmerkte, dass
ich so etwas nie in meinen "Geschichten vom Meer" verwenden dürfe - "Das glaubt
dir keiner.". Dann also an dieser Stelle als Beleg für die Tatsache,
dass, wenn "Murphies Law" (was schief geh´n kann, geht schief)
zur Anwendung kommt, dies in vollem Umfang geschieht: Die Yacht mit einer
Ehepaar-Crew befuhr den Golf vom Kanal her kommend. Plötzlich fällt ein
Motor aus. Die Gattin äußert eben die Hoffnung, dass doch der zweite
Motor um Gottes Willen weiterlaufen möge, da fällt er auch schon
ebenfalls aus. Ein Motorsegler wie wir setzt in solch einem Fall frisch die
Segel, hofft auf etwas Wind und ist wieder manövrierfähig. Ein Motorboot
wird zu einer führerlos treibenden Plastikschüssel. Im freien Wasser ist
das schon unangenehm. In einem Golf stellt es eine Katastrophe dar, weil
an zwei von vier Seiten Land ist, auf das man zu treiben kann - inklusive
Strandung und Totalschaden. Die Crew setzte über Funk das Notsignal
"Pan-Pan" ab. Glück im Unglück: Der Wind bläst exakt in
Längsrichtung des Golfs, es ist also immerhin vorerst eine Wasserfläche
voraus. Dann scheint die Crew noch einmal Glück zu haben: Ein kleines
Fischerboot kommt des Wegs und bietet Schlepphilfe an. Nach fröhlichem
Hau Ruck beginnt die Fahrt, hört jedoch nach kurzer Zeit wieder auf: Der
Motor des Fischerbootes gibt ebenfalls den Geist auf. Also treibt man nun
zu zweit steuerlos den Golf entlang. Aber die nächste Hilfe naht: Die
Coast Guard nähert sich mit Schnellboot. Nach Besichtigung der Lage
erklären die Officers jedoch trotz der riesigen Motoren ihres Schiffs,
die Boote nicht schleppen zu können: zu wenig Sprit an Bord (ich hab ja
auch schon von Ferrari- Fahrern gehört, die sich mit dem
Anschaffungspreis ihres Vehikels so übernommen hatten, dass es nie mehr
für eine volle Tankfüllung reichte....). Also treiben die Boote weiter.
Nachdem sie das 12 Seemeilen (22 km) weit getan haben, kommt ein
Bugsierschiff für Ozeanriesen angedampft. Neben diesen Kolossen mit
mehreren tausend PS in einem wuchtigen Stahlrumpf sieht eine Motoryacht
aus wie ein fragiles Spielzeug. Nun folgt eine gnadenlose
Materialprüfung: Schleppleine übergeben, das Ungetüm zieht an -
Schleppleine reißt. Das geht dann sieben Mal (!) so, danach sind die
Seilchen der Motoryacht Schrott. Der mittlerweile ziemlich entnervte
Skipper übergibt in der Not seine Ankerkette (!). Ratz-Fatz ist auch
diese gerissen, Kette und Anker verschwinden auf den Grund des Golfs. Dann übergibt der Schlepper mal ein
"richtiges" Seil (armdick). Der Schlepper zieht an - endlich ein
Seil das hält - bis die vierfach verschraubte Klampe an Deck der
Motoryacht aus ihrer Verankerung bricht und wegfliegt. Irgendwie kann das
Tau dann doch noch so an der Motoryacht fixiert werden, dass den
martialischen Kräften des Schleppers Genüge getan ist. Nun pflügt der Schlepper mit über 10 Knoten
Geschwindigkeit los. Die
Motoryacht fängt aber ab 5-6 Knoten an, zu "gleiten", das
heißt, der Bug hebt sich um etwa einen Meter. Dadurch reißt das Schlepptau der Motoryacht den Bugkorb und alles, was sich
an Deck in der Nähe des Festmachepunkts befindet, kaputt, bis der Konvoi
endlich im Hafen ankommt. Dass die Yacht im Hafen zu schlechter Letzt noch
versehentlich von dem hilfreichen Ungetüm versenkt wurde, während es sie
ans Pier schob, kann ich "leider" nicht berichten - wäre aber ein hübscher
Abschluss dieser Geschichte.....
P.S.: Zwei Tage später: Heute morgen lief die Motoryacht trotz Starkwind in aller Frühe fluchtartig aus, da der Crew gestern von der Port Authority bedeutet wurde, dass die Betreiberfirma der Schlepper vorsorglich bei Gericht versucht, eine Verfügung zu erwirken, die die Motoryacht hier an die Kette legt, bis die Leute sich ausgedacht haben, welchen Betrag sie für die Katastrophenschlepperei haben wollen. Das kann ziemlich bitter ausgehen: Seglerfreunde verloren ihren Propeller an der Einfahrt zum Golf und wurden von einer Chartercrew in den Hafen von Patras geschleppt. Anschließend erhielten sie vom Vercharterer (!) eine Rechnung für sogenannte "Prisen-Gebühr" über Fünfzigtausend (50.000,00) Euro. Die Versicherung verweigerte dies selbstverständlich rundweg, aber der Wirbel war beträchtlich, die Segler flohen auch erst mal schnellstens in die Türkei, um ihr Boot vor "vorsorglicher" Beschlagnahme zu bewahren. Ergo: Es empfiehlt sich, in Griechenland möglichst in keine Notlage zu kommen. Die Wegelagerer warten. Solche Ereignisse fördern nicht gerade das Image von der berühmten "Griechischen Gastfreundschaft". In der Ostsee sind für einen Schleppgang normaler weise je nach Aufwand 100 oder 200 Euro fällig, wenn der Fischer, der einen abgeschleppt hat nicht erst mal im Zeichen guter Seemannschaft eine Bezahlung für die Hilfe in der Not ablehnt, und sich der Skipper der abgeschleppten Yacht dann eben den Kopf zerbrechen muss, wie er sich nun angemessen revanchiert.... Zurück zum aktuellen Fall: Es tut mir leid, dass die Motoryacht heute in aller Frühe so schnell auslief. Gestern Abend beim Einschlafen fiel mir anhand der "Symptome" des Motorenausfalls (Kraftstoffsystem verstopft) ein, dass alles darauf hindeutet, dass der Kraftstoff in den Tanks durch Bakterienbefall versulzt ist. In diesem Fall müsste vorsorglich der alte Diesel abgepumpt und neuer Kraftstoff mit einem speziellen Additiv (ich hätte damit aushelfen können) eingefüllt werden. Ich hoffe ja, entgegen meiner Vermutung, dass das nicht der Fall ist. Sonst hängt die Yacht vielleicht mittlerweile schon wieder antriebslos im Golf - und das bei Sturm mit Böen bis bis 9 Beuaufort.... Wie gesagt - das ist so "Murphy", dass es fast unglaublich klingt.
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Seit dem letzten Logbuch-Eintrag sind wir über Mesolongi, Patras und die Insel Trizonia wieder den Golf entlang gekommen, um bis zum 16. September in Epidauros zu sein, wo wir einen Bekannten treffen wollen. In Mesolongi gab´s als Überraschung drei funkelnagelneue Schwimmstege, auf denen dann auch gleich fischende Menschen saßen, wie überall in den Häfen, in denen Yachten liegen. Es wird darauf spekuliert, dass durch deren "Ausscheidungen" die Fische "angefüttert" werden. Nur - ob ich solcherart gefütterte Fische nachher auf meinem Teller haben will? Ich glaube: Eher nicht... | |||
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Außerdem versuchen die Fischersleut teilweise aus nachvollziehbaren Gründen so nahe an den Booten zu angeln, dass jeglicher Diskretionsabstand dahin ist - sie könnten eigentlich auch gleich an Bord kommen. Letzthin hörten wir zufällig ein Geplänkel zwischen einem entnervten Yachtie und einem einheimischen Hobbyangler, der ihm zu nahe auf die (Schiffs-)Pelle rückte. Zuletzt fauchte der Yachtie, dass sich der Angler doch bitteschön "selbst einen Fisch scheißen" solle. Um was man sich nicht alles streiten kann... In Patras besorgen die Hafenreinigung wie in vielen Häfen bis ca. 20 cm lange "Klick-Fische". Wir haben sie so getauft, weil sie immer mit einem leisen Klickgeräusch die Wasseroberfläche nach Nahrung absuchen. Teilweise sprudelt das Wasser zwischen den Booten, wenn sich Hunderte von diesen Kerlchen auf wenigen Metern drängeln. Wo sie auftauchen, kann man sicher sein, dass die Wasserqualität weit unter "Klärgrube" gefallen ist. Die Hafenangler stört das allerdings überhaupt nicht.... |
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In Mesolongi trafen wir Justin und Martin, zwei
sympathische österreichische Studenten, die mit einem kleinen, fünf
Meter langen Boot in der Art einer Rennjolle mit einer winzigen
Schlupfkabine im Bug unterwegs sind. Zwei Monate vom nördlichen Kroatien
entlang der gesamten Adriaküste bis herunter in die Ionische See und
zurück. Mir nichts, dir nichts sind die Beiden mit ihrem quietschegelben
Bötchen in mehrere albanische Häfen eingelaufen. Das traut sich bisher
kaum ein Yachtie. Nach ihrer Erzählung stand dann auch prompt am Pier
eine ganze Abordnung von Beamten und schwer bewaffneten Soldaten. Dann
wurden sie mit militärischem Salutieren begrüßt: "Welcome to
Albania". In der Folge mussten sie mit drei verschiedenen Stellen
über die Modalitäten ihres kurzen Aufenthalts verhandeln. Alle
Gesprächspartner waren neugierig und freundlich, überall wurden
Zigaretten angeboten, die auszuschlagen unhöflich gewesen wäre. Das
Dumme dabei: Martin ist Nichtraucher - er verdrehte noch beim Erzählen
die Augen angesichts seines Martyriums.... Ab und zu streikte der alte
Außenborder aus jugoslawischer Produktion und sie brauchten bis weit in
die Nacht hinein, um den nächsten Hafen zu erreichen, liefen dabei trotz
ihres geringen Tiefgangs von 30 Zentimetern auf Sandbänke auf, machten in
Häfen an größeren Booten fest und wurden dann nachts vom Wellengang im
Hafen fast zwischen diesen zerquetscht etc.etc.etc. Ich hörte den beiden
gerne zu: Das hätten auch "wir" vor fast dreißig Jahren sein
können. Mit meinen damaligen Freunden Mattes, später Rainer und
Thommi bestand ich auch so manches Abenteuer ähnlicher Art.
In Patras erwartete uns nach dem Auslaufen die gefürchtete Situation "Wind gegen Strom". Ein starker Strom mit 2-3 Knoten kam uns aus dem Golf entgegen, von hinten fegten 4-5 Beaufort Wind. Das Wasser kochte mit weißen Kämmen fast einen Meter hoch. Nicht gleichmäßig anrollende Wellen, sondern ein Hexenkessel wild durcheinander laufender schwappender Gischt, die das Boot hin und her warf. Bei der Anfahrt auf die Brücke konnten wir feststellen, dass sie wohl inzwischen in Betrieb ist. Diesmal machte ich mit der "Rio Traffic Control" über Funk den Kurs unserer Passage "eineindeutig" klar, stellte dann zur Vorsicht von Autopilot auf Handsteuerung um und war froh, als ich unser wild schlingerndes Schiffchen an den mächtigen Pylonen vorbei bugsiert hatte. Später wurden wir dafür mit einem anhaltenden Wind von achtern belohnt, während der Strom nachließ, je weiter wir uns von der Engstelle, die von der Brücke überspannt wird, entfernten. Wir schalteten den Autopiloten auf "Windpilot", der das Schiff in konstantem Winkel zum gleichmäßigen achterlichen Wind hielt und so rauschten wir mit über fünf Knoten Fahrt der Insel Trizonia entgegen, ohne einen Finger rühren zu müssen. Traumsegeln vom Feinsten. (s. Bild ganz oben) Wir waren fast etwas traurig darüber, wie schnell wir vor der Meerenge zwischen Trizonia und dem Festland ankamen. Wir werden noch mindestens zwei Tage hier in Antikyra bleiben: Ein permanenter Starkwind mit bis zu 9 Beaufort pfeift durch die Bucht und legt unser Boot in wechselnde Schräglagen. Und dann noch "das Letzte": Soeben erreichen uns gleich zwei SMS von Seglerfreunden: Der uns ebenfalls gut bekannte Manager einer Marina wurde anscheinend vor wenigen Tagen festgenommen wegen Schmuggelversuch von einer Tonne (!!) Kokain. Wir vermuten sogar, dass wir wissen, mit welcher Yacht der Deal ablief. Wenn unsere Vermutung stimmt, sind die Jungs "dümmer, als die Polizei erlaubt". Wenn wir eigentlich völlig uninteressierten Naivlinge ob wir wollten oder nicht schon "Wind" von der Sache bekommen haben (der Deal wurde wohl im letzten Winter vor unserer Nase geplant und vorbereitet), müsste eigentlich klar gewesen sein, dass die Fahnder des Rauschgift-Dezernats bestens informiert waren und nur darauf warten mussten, bis der beste Zeitpunkt gekommen war, um blitzschnell zuzuschlagen. Die Kombination von Dummheit, Gier und krimineller Energie rächt sich eben doch manchmal sehr schnell. |
Na dann - gute Nacht..........
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