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Mittwoch, 05. November 2003 * Kalamata Marina. Eigentlich wollte ich von wunderschönen Ausflügen mit unserem Wohnmobil in die Umgebung berichten. Oder davon, dass sich auf unserer Heckterrasse beim Abendbierchen die Atlantiksegler Reinhard und Ralf begegneten und die Welt ganz klein wurde, als die beiden gemeinsame Freunde auf Tobago und sonstwo auf der Welt entdeckten. Für Deutschland: "Uli vom Palstek" (Seglermagazin). Leider gibt es aber inzwischen härtere Kost:

HI NOON IN KALAMATA (04. 11. 2003 * 24:00 Uhr) > Dass Hunde hier nicht nur vernachlässigt werden (s. Text auf der "Knut-Seite"), sondern auch verdammt gefährlich leben, wussten wir. Wir dachten aber, dass die Hunde "nur" erschossen werden. Gestern wurden wir eines Entsetzlicheren belehrt. Knut bellte nachts um 12 ununterbrochen, obwohl das sonst absolut nicht seine Art ist. Als wir nachschauen kamen, rannte er zwischen einem Punkt auf dem Marina-Gelände und unserem Boot hin und her und führte uns so zu Helmut. Auch so ein armer, sehr lieber Straßenhund, der immer mit Knut und Pia spielte, den wir aber bewusst nicht beachteten, da wir leider nicht alle Hunde adoptieren können (vielleicht hätten wir doch etwas für ihn getan, wenn Knut mal versorgt ist). Helmut lag in einer Pfütze und wand sich am ganzen Körper zitternd in Krämpfen mit Schaum vor dem Mund. VERGIFTET! Es war ein grauenvoller Anblick - der Hund litt entsetzlich. 

Jetzt kommt jedoch erst der mieseste Teil der Geschichte: Wir riefen die Polizei, damit sie dem Leiden ein Ende macht und den Hund erschießt. Es kam nach dreimaligem Anruf innerhalb von 20 Minuten endlich die "Port Authority". (wären wir von Räubern oder Mördern bedroht worden, wären wir längst tot gewesen). Die Beamten erklärten, dass es in Griechenland verboten ist, Hunde zu erschießen. Als ich Helmut mit meinem Anker (was anderes fand sich nicht) erschlagen wollte, wurde ich aktiv daran gehindert. Auch das war verboten. Aber Hunde zu quälen, zu vergiften, zu vernachlässigen und mit Steinen zu bewerfen ist augenscheinlich nicht verboten. Helmut litt derweilen weiter, während der nächste "Hammer" folgte: Ich wollte das weitere Leiden Helmuts "wenigstens" dokumentieren und ein paar Fotos machen. Die Kamera wurde mir unter Handgreiflichkeiten abgenommen und der teure Speicherchip wurde entfernt. Das ist glatter Rechtsbruch, der allerdings nicht verwunderlich ist. Die "Port Authority" in Griechenland ist keine "normale" Polizei, sondern untersteht der Marine. Sie ist also de facto eine Militärpolizei - erinnert irgendwie an Militärjunta - oder? Auch wenn diese Zeiten seit 30 Jahren offiziell vorbei sein sollen. Dazu passt dann auch das Vorgehen. Das Bild oben konnte ich trotzdem kurz vor Eintreffen der Militärpolizei auf einem anderen Chip speichern. Es geht mit dieser Website auf einen deutschen Server und ist damit sicher. Was man von uns nicht behaupten kann: Letztes Jahr wanderten holländische (?) Touristen für Monate (!) ins Gefängnis von Kalamata, weil sie etwas fotografierten, was den Behörden nicht passte. Keine Intervention ihres Heimatlandes konnte sie wieder befreien. Unsere Neigung, Griechenland schnellstmöglich samt unserem Boot wieder zu verlassen, wächst. Wir hoffen, wir schaffen das nächstes Jahr unbeschadet und "überleben" den Winter hier ... Wir sind nach Griechenland gegangen, weil wir wähnten, in ein europäisches Land zu kommen. Das ist nach unserer immer weiter wachsenden Überzeugung NICHT der Fall. Griechenland mag manches sein - Balkan, Orient oder was auch immer. Wäre das Land nicht in der EU und würde nicht davon (und damit von UNS) milliardenschwer profitieren, könnte man die Verhältnisse als "befremdlich" ablegen. Als EU-Land jedoch, das damit ja auch ein Stück weit "unser" Land sein soll, erscheint uns das Land inakzeptabel. Dazu passt auch, dass Griechenland, wie jüngst der Presse zu entnehmen war, unter allen EU-Ländern eine Spitzenposition bei der Korruption einnimmt. Wir fühlen uns in diesem Land inzwischen nicht mehr sicher nach den Erfahrungen dieses Sommers und wir vermuten, dass wir höchstens die "Spitze des Eisbergs" mitbekommen haben. ALLE (Langzeit-)Segler, die länger in Griechenland waren und die wir bisher trafen, äußerten ähnliche Meinungen, haben ähnliche Erfahrungen wie wir gemacht.  Es soll nicht verschwiegen werden, dass wir auch einige, teilweise sehr nette (Privat-)Personen in Griechenland getroffen haben. Aber hier ist die Rede von den ALLGEMEINEN VERHÄLTNISSEN. Und die sind oft beängstigend und abstoßend. Es gibt eine billige "Sun & Fun" - Fassade, die vielleicht Kurzzeit-Touristen gegenüber für 1-2 Wochen aufrecht erhalten werden kann, wenn sie im metaphorischen Sinn "beide Augen fest zumachen" und sich nur auf´´s Surfen, Braunwerden, (ungesund & schlecht) Essen oder alte Steine konzentrieren. Für den, der etwas länger und genauer hinschaut, blättert dieser "Lack" relativ bald ab - und es kommt viel Unerfreuliches zum Vorschein.

Nachtrag: Vor 22 Jahren bereiste ich den Pelepones mit dem Motorrad. Ein angefahrener (sehr schöner) Hund lag mit gebrochenem Rückgrat in der sengenden Sonne mitten auf der Strasse. Ich versuchte, Autos anzuhalten und um Hilfe zu bitten. KEINE CHANCE. Also trug ich den armen Hund beiseite und erschlug ihn mit einem Ackergerät, das ich in der Nähe fand. Danach heulte ich eine Stunde lang "wie ein Schlosshund" und hatte für den Rest der Reise nicht mehr sehr viel Freude an Griechenland. Mittlerweile ist es wieder so weit....... 

Nachtrag Januar 2006: Anlässlich einer Neustrukturierung dieser Seiten habe ich mir diesen Eintrag noch einmal durchgelesen. Wir waren damals recht erschreckt und befremdet über manches, was wir beobachteten. Ich würde nach drei Jahren Griechenland vielleicht nicht mehr so krass formulieren. Bis ich unsere Unity heil und unbehelligt aus griechischen Gewässern heraus habe, mag ich allerdings auch nichts generell revidieren..... Ich habe im Lauf der Jahre gelernt, keinem "Frieden" allzu sehr zu trauen, schon gar keinem staatlichen und schon recht keinem griechischen .....