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Once upon a time - in den 80ern
„Haben Sie das nötig?“ Ich glotzte etwas begriffsstutzig auf die Fragerin, die am Messestand auf mich herabblickte. Ich war, wie bereits seit mehreren Jahren, mit der „Pinsel-Manufaktur Habico“ auf einer Fachmesse in Hamburg und malte da was, um anderen Malern vorzuführen, was man mit guten Pinseln eben so anstellen kann und um fachliche Tipps zu geben. Das machte mir Spaß, ich lernte andere „Kreative“ kennen und konnte mir selbst auf der Messe einen Überblick über neue Materialien und Techniken verschaffen. Außerdem gab ich der Firma Tipps für besseres Marketing ("Pinsel*Manufactur* war so eine meiner Ideen) und entwickelte neue Pinselformen. Habico bezahlte dafür das Essen und das Hotel. Seit Neuestem waren meine Bilder im Vertrieb des damals größten Kunstdruckverlags (Verkerke) und hingen plötzlich in über einhundert Ländern. Also war ich in den Augen der Fragerin ab jetzt und hier fehl am Platz. Fand ich nun gar nicht. Fehl am Platz wäre ich höchstens da gewesen, wo die Dame mich wohl verorten wollte: als abgehobener Kunst-Gockel in einem Künstlerbund oder ähnlichem. Vor wenigen Jahren hatte ich den Versuch gewagt, mit meiner Passion „Malen und Ideen haben“ nach sechs Jahren Ausbildung zu versuchen, mein Auskommen zu verdienen. Hatte überraschend gut geklappt. Vor allem das „Ideen haben“ war in meiner vorherigen Tätigkeit als Krankenpfleger streng verboten und Malen sowieso. Jetzt konnte ich tun, was ich wollte und was mich interessierte und hatte damit Erfolg. Die Gedankengebäude hinter meinen Bildmotiven interessierten zwar naturgemäß nur eine kleinere Anzahl von Betrachtern, aber da die Resultate sorgfältig gestaltet und hübsch anzusehen waren, wurde mir immerhin zugestanden, dass ich mir auch was bei der Gestaltung gedacht habe. Eigentlich war es von meiner Seite eher umgekehrt beabsichtigt: ich wollte mit den schönen Bildern für meine zugrunde liegenden Ideen werben, aber ...,. nun gut. Irgendwelchen Dünkel pflegte ich dabei nicht, weshalb mir auch wurscht war, was ein „Künstler“ nach Meinung mancher Kunstfreunde nun „darf“ – oder eben nicht darf. Zum Beispiel im Auftrag internationaler Unternehmen malen. Fand ich spannend: ich durfte meine eigenen Ideen zu den Themen (Unternehmenskultur, Kybernetische Axiome, Analysetechnik, digitale Netzwerke u.v.a.) verwirklichen und alle hatten ihre Freude daran. Was ich aber nach meinem Selbstverständnis nicht war: ein Star. War auch nie meine Absicht. „Ideen haben (dürfen), malen, Geld verdienen“ war die Genese meiner Motivation. Das mit dem "Geld" ganz schlicht, um niemandem (Staat, Gesellschaft, Familie, Freunden, Sozialsystem) mit meinen Ambitionen auf der Tasche zu liegen. Das „Künstler-Sein“ überließ ich aber gerne anderen. Die mir mit ihren elitären Ansprüchen teilweise wegen meines augenscheinlichen Erfolgs in herzlichem Hass und Neid verbunden waren. Und/oder in Verachtung, weil ich das Elitäre so ganz und gar vermissen ließ. Gerne wurde reflexartig "mangelnder Tiefgang" unterstellt, was jedoch eher auf dumme Kritiken zutraf: Manchmal musste ich mich vor ein Vernissagenpublikum stellen und etwas von meiner Arbeit erzählen. Das gehörte sich so, also übte ich, um auch das in ordentlicher Qualität abliefern zu können. Bei diesen Gelegenheiten waren die Kritiker meist nicht zugegen. Und in deren Szenen war ich wiedrum unsichtbar. Sprich: ich kam nie in Versuchung „den Künstler zu geben“. Weder in Szenekneipen noch bei sonstigen gesellschaftlichen Anlässen. Lieber malte ich in Ruhe. Und las mit Muse. Dadurch kamen zwangsläufig noch mehr Ideen und Bilder. Bis nach vielen Jahren dieser Lebensabschnitt vorbei war. War aber auch Zeit: der Arm funktionierte nicht mehr so recht und ständig neue Ideen haben zu müssen/wollen wurde auch zunehmend anstrengend. Und mich aus Eigensinn immer zu wiederholen, hätte ich als ziemlich schnöde empfunden. Ich verabschiedete mich also frist- und frustlos aus diesem Umfeld und tat, was ich schon immer mal hatte tun wollen, bisher aber nie die Zeit dazu gefunden hatte: ich heiratete, kaufte mir ein Segelschiff und machte 4 Jahre Ferien. Nach vielen Jahren ohne Wochenende und Urlaub war auch Letzteres einfach mal fällig. Danach siedelte ich mich am Meer an, wohin uns Elisabeths Beruf geweht hatte, kaufte zwei Häuser und vermietete Ferienwohnungen, während Elisabeth Musik machte, wobei ich sie im Rahmen meiner Möglichkeiten unterstützte. Manchmal malte ich auch noch was, aber nicht lokal: da machte ich immerhin noch die interessante Erfahrung „artist non grata“ zu sein, da die die Auffassung davon, was "Kunst" sei, eine völlig andere wie im Süden ist. Da ich nie ein Star war, vermisste ich allerdings auch dabei nicht viel. Mittlerweile bin ich Krankenpfleger / Jazzmusiker / Autor / Speditionsfahrer / Kunstmaler / Unternehmensberater / Ferienwohnungsvermieter …. im Ruhestand. Und realisiere ein wenig den zweiten Teil des Liedes von Cat Stevens „… I never wanted to travel far“: nachdem ich privat und beruflich viele Länder besucht habe und danach unter Segeln nochmal herumzigeunerte, bleibe gerne als passionierter Studiosus zuhause und wenn ich mich bewege, dann mit unserem rollenden Schneckenhaus (auch das ein nettes Studierzimmer) ein wenig in Deutschland und im näheren Europa zur Entdeckung kultureller Erfahrungen. Das reicht. Mir |
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