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.....uuund - Action! Über die ca. 4 Meter hohe Steinschüttung hinter der Hafenmauer krachen 6-8 Meter hohe Brecher auf unseren Steg (links). |
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Logbuch, 16. Februar 2005
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Also leben wir zur Zeit sehr sportlich: Warten am Beginn des Piers, bis das Donnern der Brandung etwas leiser zu werden scheint, und dann ein schneller Spurt zum Boot. Wenn man an der Gangway angelangt ist, kann sich jedoch eine gemeine Falle ergeben: Das Boot schlingert ständig von rechts nach links und das Ende der Gangway schwingt als "Ausleger" permanent ca. 2 Meter von einer Seite zur anderen und gleichzeitig ca. einen Meter vor und zurück. Also muss man auf den "Totpunkt" einer Bewegung warten, um mit drei schnellen Sprüngen auf´s Boot zu hechten. | |||
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Fortsetzung vom 17. Februar: Nachdem auch Pia nach zwei Tagen ziemlich genervt war von dem ständigen Lärm und der Schaukelei, hatte ich vorgestern Abend meine beiden Damen für die Nacht im Wohnmobil untergebracht, um alleine auf dem Boot "Stallwache" zu halten. Prompt schlief der Wind ein und die Brecher wurden weniger. "Murphies Law" in umgekehrter Richtung. Inzwischen hat der Wind nachgelassen und das Meer grummelt nur noch hinter der Hafenmauer, grade so, als ob es darüber enttäuscht wäre, dass der "Spaß" schon wieder vorbei ist. Dafür laufen hier seit gestern die Katastrophenmeldungen aus anderen Teilen Griechenlands ein. Zum Beispiel Piräus: Sturm in Orkanstärke bis 12 Beaufort, 10 Meter (!!) hohe Wellen, Teile der Hafenmauer (Zea-Marina) eingestürzt, viele Yachten stark beschädigt, einige sogar losgerissen und auf´s offene Meer geweht. Auch in anderen Teilen der Ägäis ging es hoch her: mehrere große Tanker und Containerschiffe kenterten oder strandeten, was einige Menschenleben kostete. Da war´s bei uns ja direkt gemütlich. Wir hatten zwar auch zwischenzeitlich 10 Beaufort, aber zum Glück nie so lange, dass sich auch die entsprechende Welle in voller Höhe aufbauen konnte. Ich bin mir sicher, dass wir hier im Hafen bei einem 12-Bft.-Sturm aus Südwest nur noch Fersengeld geben könnten, um wenigstens mit einigermaßen heiler Haut davon zu kommen. Bevor wir 2002 starteten, habe ich via Ebay von einem erfahrenen Großschifffahrts-Kapitän einige Fachbücher zu Funkverkehr und Navigation gekauft. Anlässlich einer telefonischen Rückfrage wegen der Zahlungsmodalitäten plauderten wir ein wenig über unser Vorhaben, da der Kapitän auch mit einer Segelyacht auf Ost- und Nordsee unterwegs ist. Eine Ermahnung war ihm so wichtig, dass er sie mir mit ernster Dringlichkeit mehrmals wiederholte: "Verlieren sie nie die Achtung vor dem Meer!". Nach Tagen wie den vergangenen, versteht man die Bedeutung der Worte noch etwas besser. Ich würde sie gerne manchem Charterskipper, der mit Vollzeug bei 7 Beaufort übers Meer "pfeift" in dicken Lettern auf´s Boot pinseln - aber ich befürchte, das würde in diesem Fall auch nichts helfen. Vom letzten Winteraufenthalt hier in Kalamata kennen wir zwar bereits diese südlichen Wetterlagen und ihre Auswirkung, aber nicht in dieser Stärke und Dauer. Auch wenn natürlich von einem Jahr zum andern noch keine Tendenz abzuleiten ist, gibt es doch einen Vorgeschmack auf die Entwicklung, die Wissenschaftler für die nähere Zukunft im Mittelmeer voraussagen: Während es im westlichen Mittelmeer (insbesondere in Südspanien und den Balearen) immer heißer und trockener wird, tendiert die Entwicklung hier im östlichen Mittelmeer zu immer häufigeren und heftigeren Stürmen und mehr Niederschlag.
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Und "das Letzte": Von "unserer" Gemeindebibliothek in Dinkelsbühl haben wir uns einige Hörbücher auf jeweils mehreren CDs ausgeliehen und auf Vorrat zum "späteren (privaten) Verzehr" kopiert. Zur Zeit gibt´s nun jeden Abend eine CD in Fortsetzung. Allerdings ließen uns die letzten zwei Hörbücher mit ambivalenten Gefühlen zurück: Beide waren gespickt mit detaillierten pornografischen Schilderungen (z.B.: zwei Männer und eine Frau ficken sich gegenseitig im Ringelreihen mit allem Erdenklichen in alle möglichen und unmöglichen Körperöffnungen - bis auf´s letzte Schamhaar genau beschrieben in "Glamourama") und ekelhaft präzisen Schilderungen sadistischer Perversionen und Folterungen bis zum qualvollen Ableben der Opfer ("Der Vogelmann"). Teilweise werden beide Genres brutal vermischt. Sind solche Zutaten für "packende" Geschichten heute unverzichtbar? Hält uns der Autor für so abgestumpft? Oder braucht es inzwischen wirklich den Einsatz so starker Reize, um noch gelesen zu werden? Dann war "Otto" ein Visionär kultureller Entwicklungen, als er in den Siebzigern von der "Brutalisierung des Buchhandels" blödelte: "Du kaufst mir jetzt den Hesse, sonst gibt´s was auf die Fresse - du kaufst mir jetzt den Simmel ab, sonst schneid ich dir ..... ins Ohrläppchen." ..... oder so ..... Zur Zeit knabbern wir an Helmut Karasecks "Betrug". Auch bei ihm braucht´s ein bissel Sex. Der aber ist so anregend (beschrieben) wie die übrigen Zutaten erotisch sind: Tennisclub, Bankfilialleiter, Neubausiedlungs-"Villa". Also - nichts gegen tennisspielende Kleinstadtbanker mit Häuschen. Aber wie "originell" die ihre Seitensprünge organisieren und abfeiern und in welche Ärgerlichkeiten sie sich dabei verstricken - ich weiß nicht, ob ich das wirklich wissen will. Karaseck als Bret Eston Ellis für Arme in deutsch - kleinbürgerlichen Niederungen? Ich schreib mal eine Novelle darüber, wie ich die Edeka-Verkäuferin in Untermegersheim um fünfzig Cent betrogen habe - unter besonderer Würdigung ihres Dekoltées unter der grobgestrickten Wolljacke und der aufwühlenden Erkenntnis, dass mein Deo klemmt. Ein verstörender Schocker aus dem wirklichen Leben. Titel: "Aldirama". Alles rein fiktiv natürlich. Obwohl - also Karaseck schreibt durchaus, als wäre er ein intimer Kenner der verschwitzt - verschwiemelten Szene, die er, dem Fußpilz immer hart auf der Ferse, bis in die kleinste linkische Anwandlung hinein beschreibt und auch vor dem Eiterpickelchen auf der Stirn der Geliebten nicht halt macht. Authentizität kann zuweilen doch sehr beklemmend wirken.... Das Allerletzte: Wer auch in Elisabeths Logbuch mitliest und sich über ihre etwas "geglättete" Schilderung unserer Sturmtage wundert: da liest Mutti Linsenmeyer mit und die soll nicht allzu sehr beunruhigt werden, in welch schreckliche Abenteuer ihre Tochter entführt wurde.... ;-)
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