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07. Januar 2007

 

Das neue Jahr beginnt, wie das alte aufhörte: mit der Arbeit am Folgeband der Serie "Abenteuer Aquarell". Das Thema: "Landschaften". An der Wand über meinem Arbeitsplatz sammeln sich Entwürfe und Studien (Bild oben), die jeweils nach Fertigstellung umgehend per E-Mail an Redaktion und Verlag verschickt und von dort oft ebenso umgehend kommentiert werden - unsere Telefon-Flatrate ermöglicht die regelmäßige "Kleine Redaktionskonferenz", die Distanz von über 800 Kilometern schmilzt auf einen Knopfdruck. Dezent hinter dem Lampenschirm verborgen: die "Wunschliste" der Redakteurin, mit den Details, die sie gerne im Buch, respektive in den Motiven eingearbeitet sehen würde. Bleibt da überhaupt noch Raum für meine Kreativität? Mehr als genug! Gerade die komplexe Aufgabenstellung erfordert ein hohes Maß an gestalterischen Ideen und Flexibilität, auch wenn sich die Motive meistens deutlich von meinen sonstigen Arbeiten unterscheiden - schließlich geht es hier um möglichst vielseitige und nachvollziehbare  Kurse für ambitionierte Laien und nicht um das "ungebremste" Ausleben meines künstlerischen Egos. Das darf sich dann wieder in den drei für dieses Jahr geplanten "eigenen" Serien entfalten. Für die Serie "Abenteuer Aquarell" jedoch ist Konzeption und Didaktik gefragt, auch wenn das dem Uneingeweihten im Entstehungsprozess zuweilen etwas chaotisch anmuten könnte:

Oben abgebildet das Grundkonzept für den mittlerweile bereits erschienenen Band "StillLeben". Entworfen hatte ich alles auf hoher See während des Überführungstörns im Juli/August 2006 - aber alles befand sich noch "virtuell" in einem Eckchen meines Gehirns (das funktioniert so ähnlich wie "Blind-Schach" ohne Brett und Figuren), da sich während dieser Seefahrt keine Gelegenheit fand, einmal für mehrere Stunden ungestört und konzentriert arbeiten zu können, um alles systematisiert und übersichtlich geordnet "analog" aufzuschreiben. Diese Gelegenheit fand sich dann, nachdem unsere "MSY Unity" sicher im französischen Port Napoleon an der Rhonemündung am Steg vertäut war und ich eineinhalb Tage lang mit der Fähre von Venedig nach Korfu übersetzte, um unser Wohnmobil nachzuholen. Einzige Schwierigkeit: auf dem ganzen großen (griechischen) Schiff war anscheinend kein einziges Blatt Papier zu finden - zumindest wurde ich von Steward und Rezeption mit dieser Auskunft beschieden - etwas schreiben zu wollen schien als reichlich exotisches Ansinnen eingestuft zu werden, sodass mich sogar einige argwöhnische Blicke streiften. Not macht erfinderisch: das gesamte Konzept des Buches entstand nun eben auf der Innenseite eines halben Zigarettenkartons, den ein Barmann mir aus seinem Abfall fischte und auf einem alten Briefumschlag, gespickt mit Duzenden von gelben Haftnotizzetteln, die ich zum Glück noch in meinem Rucksäckchen fand. Beruhigende Erkenntnis dieses Experiments: Manches geht auch heute noch ohne Hochleistungs-Notebook und andere HiTec-Accessoires. Aktuell ist mir nun jedoch ein "richtiger" Arbeitsplatz in unserem neuen Zuhause in Garding vergönnt.

Hier fühlen wir uns immer mehr zu Hause, auch wenn die Gardinger noch immer etwas erstaunt zu sein scheinen, dass sich bei uns selbst angesichts des trüben Winterwetters mit oft tagelangen Stürmen keine Sehnsucht nach dem Süden Deutschlands oder gar Europas regt. Aber Ersteres haben wir ja über 20 Jahre lang genossen und Zweiteres erweckte in uns während der letzten Griechenland-Jahre eine große Sehnsucht nach nordischem "Sauwetter", auch wenn das vielleicht manch einen "Beach & Sun"-Fan etwas seltsam anmuten mag. Nach drei griechischen Sommern würde sich diese Einstellung aber vielleicht auch bei hartnäckigsten Sonnenanbetern ändern.
Und siehe: das ZDF vermeldet in den Hauptnachrichten am 23. Dezember: Immer mehr Bundesbürger zieht es über die Feiertage an die nördlichen Küsten; der Stille, Weite und Frische wegen. Und das wissen auch wir sehr zu schätzen. Im Winter gibt es hier zwar keine Sensationen, keine Windsurfer und Bikini-Schönheiten in St. Peter Ording, keine Segler in Tönning, keine lustigen Radler auf allen Deichen, dafür aber ein mittlerweile hohes und immer seltener werdendes Gut: ungestörte STILLE!

Wir hoffen, Eiderstedt ist sich dieses Schatzes bewusst und zerstört ihn nicht mutwillig. In der Nacht vom 25. auf den 26. Dezember hätte man das zumindest in Garding vermuten können: als wir zu Bett gingen, dröhnte über den ganzen Ort hinweg der Lärm eines Festes, das auch morgens um 4 Uhr noch tobte. Feiern ist grundsätzlich eine erfreuliche Angelegenheit. Wenn dazu jedoch ein ganzer Ort beschallt werden muss, dessen Haupteinnahmequelle im Tourismus liegt, von dem mittel- und unmittelbar so gut wie jeder Arbeitsplatz auf der Halbinsel abhängt, erscheint uns das doch etwas .... kontraproduktiv - um mich in der Wahl meiner Ausdrucksform vorsichtig am unnachahmlichen nordischen Understatement zu versuchen.... ;-)

Dabei muss ich gestehen, dass auch ich teilweise sehr aktiv die gepriesene Stille des Landstrichs konterkariere. Und das hat auch mit einem kulturhistorischen Schatz der Halbinsel zu tun: den berühmten Eiderstädter Kirchen.

18 Kleinode, teilweise bereits zu Beginn des 12. Jahrhunderts (!) erbaut, stehen verstreut auf der ganzen Halbinsel, die ja erst im Lauf der Jahrhunderte aus mehreren einzelnen Inseln durch Landgewinnung ihre heutige Form erhielt. Ich habe noch nicht einen Bruchteil der Kirchen besichtigt, bin aber immer wieder erstaunt, wenn ich Gelegenheit bekomme, eine davon zu besichtigen. Alleine das könnte mich zum Kirchgänger machen. Zufällig hat jedoch meine liebe Gattin in ihrer Funktion als Kirchenmusikerin regelmäßig in einer der schönsten dieser Kirchen zu tun und zufällig fehlt es in zwei "ihrer" Chöre zur Zeit an Bass-Stimmen.... Nicht dass ich ganz unbedarft wäre: als Teenager gehörte ich während meiner Internatszeit dem gut geschulten "A-Chor" der Christophoruskantorei in Altensteig an - vor kurzem fand sich bei Räumarbeiten anlässlich unseres Umzugs als Erinnerungsstück das Foto (Bildausschnitt: Bass/Tenor) auf einem Faltblatt der Kantorei wieder, deren Programm auch meine Gattin mit fachlichem Respekt quittierte:

Die Schöpfungsmesse und anspruchsvolle Motetten, unter anderem von Schütz, Distler, Bach, David, Pepping, Scarlatti, Brahms und Bruckner standen damals auf dem Programm. Nun ist das Repertoire der ortsansässigen Chöre noch (?) nicht ganz so anspruchsvoll, aber nach über dreißig Jahren "Chorpause" ist es für mich eine Lust, wieder zusammen mit den anderen Sängern einen "Klangkörper" zu bilden und wenn dann nach einigen Durchläufen (ein wenig "Feilen" im Alt, ein paar Korrekturen im Tenor, ein paar Tipps für Bass und Sopran ....) ein Chorstück erklingt, wie es vom Komponisten erdacht wurde, ist das immer wieder ein Moment, der alle begeistert. 

Spannend wird es noch einmal, wenn wir in regelmäßigen Abständen das Eingeübte auch bei Veranstaltungen in der schönen St.-Christianskirche oder an anderen Orten vor oft zahlreichem Publikum zu Gehör bringen. Die "chorinterne" Manöverkritik enthält danach zwar zuweilen etwas selbstkritisches Gemecker, jedoch meistens gewürzt mit dem unnachahmlich trockenen Nordfriesenhumor. Stolz auf das Erreichte sind zu guter Letzt dann aber doch wieder alle, besonders wenn das Auditorium mit lobender Anerkennung nicht geizt. Es darf gesagt werden, dass sich die Freude von Elisabeth an ihrer Arbeit offensichtlich auch uns Sängern auf wohltuende und anregende Weise mitteilt. Ich kann aufgrund jüngster Erfahrungen daher nur zum Engagement in einem Chor raten: es tut nicht nur Seele und Geist durch Wohlklang und gemeinschaftliches Erleben, sondern auch dem Körper (bewusste Atmung, Körperhaltung....) gut! "Soli deo gloria"? Nun ich würde sagen der Satz aus einem gängigen Tischgebet passt auch ganz gut: "... uns zur Kraft - und dir zum Preise ....". Oder ganz einfach wie ich meinem Mitbassisten nach einem "anständig" gemeisterten Satz in Anlehnung an den "Bayern im Himmel" grinsend zuraune: "....lllluia! ... sog i...." (Zitat: "....nachmittags: Frohlocken!...").... ;-)    "Tierischer Ernst" ist, trotz einer gehörigen Portion Ernsthaftigkeit der sängerischen Ambitionen, nicht zwingende Voraussetzung sängerischer Betätigung, denn: ....heiter sei die Kunst!...." und im Zweifelsfall gilt die ironische Erkenntnis: "Kunst ist, wenn man´s nicht kann, weil - wenn man´s könnte, wärs ja "keine Kunst" mehr.". In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern dieses "Diary"s ein ideenreiches, kreatives Jahr 2007!

 

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Bildnachweis Kirchen: "Eiderstedts Kirchen", H.-W. Wulf / W. Oppermann  ISBN 3-925821-09-0