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11. Juni 2004 * Vathi / Halbinsel Metanon / Saron. Golf * Hier ist nun wirklich "der Hund begraben" und das ist sehr nett. Ein winziger Hafen, Stille, klares Wasser. Trinkwasser und Strom gibt´s am Steg zu zivilen Preisen, aber sonst gibt´s fast nichts. Kein Laden weit und breit, dafür mehrere Tavernas. Das ist recht listig, aber wir haben noch genügend Proviant, um uns trotzdem selbst zu versorgen. Da die griechischen Tavernas während der letzten Jahre ihre Preise exorbitant erhöht haben, wären wir bei zu vielen Besuchen sehr schnell pleite. Der Mechanismus, der die Preissteigerungen hervorgerufen hat ist teilweise leicht nachvollziehbar: Mit Fördermitteln werden Häfen saniert und Kredite an die Tavernas vergeben, diese rüsten üppig auf und müssen nun das Geld für die Rückzahlung erwirtschaften. Ein Fischessen in einer einfachen Taverna am Meer war früher komplett für 5 DM und weniger zu bekommen. Jetzt kostet es in einer "aufgerüschten" Taverna umgerechnet mindestens 50 DM. Mir waren die "ehrlichen" Holztischchen lieber und selbst eine üppig berechnete Preissteigerung auf 300% innerhalb der letzten 20 Jahre auf umgerechnet 15 DM wäre akzeptabel. 1000% (tausend (!) Prozent) für etwas, das man in der Qualität wohlwollend als "griechisch gutbürgerlich" bezeichnen kann, sind aber jenseits aller nachvollziehbaren Maßstäbe.

Zuvor lagen wir mehrere Tage im Hafen von Epidauros. Ein gepflegter kleiner Ort in der Nähe des berühmten Amphitheaters mit (fast) allen Versorgungsmöglichkeiten des täglichen Bedarfs. Elisabeths Bruder Hans-Martin hatte sich mit Familie und Wohnmobil auf einem nahegelegenen Campingplatz einlogiert und an zwei Tagen nahmen wir die Familie mit auf kleine Seetörns. Wir gingen mit der Familie auch zwei Mal essen, daher habe ich meine Preisinformationen (s.o.) aus aktueller Anschauung.

Die "Port Authority" in Epidauros agierte schon fast liebenswert chaotisch: Wir wollten uns sofort nach dem Einlaufen anmelden, aber das Office war geschlossen. Ab und zu ging oder fuhr aber ein "Offizieller" vorbei und forderte uns auf, uns anzumelden, jedes Mal wenn wir daraufhin zum Office pilgerten, war wieder keiner da. Nachdem dieses Spielchen fünf Tage lang fortging, hatten wir endlich Glück. Da aber niemand genau wusste, wie lange wir nun schon da waren, wurden uns nur zwei Tage berechnet. Wir hatten keine Lust, dem Informationsdefizit abzuhelfen. Schweizer Freunden, die zuvor hier waren, wurde gar nichts berechnet, deutschen Freunden mit einem viel größeren Boot eine viel geringere Gebühr. Dafür wollte uns ein weiterer Beamter nachdem wir längst bezahlt hatten, ein weiteres Mal aufs Office zitieren. Soviel zum Organisationsstand griechischer Bürokratie - und dies ist wohlgemerkt ein Hafen, in dem mit viel gutem Willen ca. 10-15 Yachten passen, die Port Authority zählt jedoch mindestens 5 Officer - macht höchstens 3 Boote/Mann.... Als "liebenswert" habe ich dieses Beispiel bezeichnet, weil wir zuvor auch Erfahrungen mit willkürlich und ganz gezielt durchgeführtem Betrug gemacht haben:

Zum Einbau des neuen Rollreffs mussten wir wieder in die verwahrloste öffentliche Marina Alimos in Athen. Wir meldeten uns offiziell an und bezahlten die zwei Tage, die wir bleiben wollten, gleich im Voraus. Da die meisten Stromanlagen verrottet sind, beantragten wir offiziell einen Stromanschluss, falls die Handwerker diesen benötigten. Daraufhin waren wir umgehend 80,00 Euro "Deposit" los. Auf  Nachfrage wurde uns beschieden, dass von diesem Betrag die Stromkosten nach Zählerstand abgerechnet würden, der Rest würde zurückerstattet. Dann kam ein Elektriker ans Boot, steckte unseren Stecker wahllos in eine passende und noch nicht defekte Steckdose und verschwand nach dieser fachlichen Heldentat. Misstrauisch geworden, bat ich im Office um die Angabe eines Anfangszählerstandes. Alles geriet in Aufruhr, dann wurde mir beschieden, der Zählerstand würde mir in Kürze mitgeteilt. Natürlich war das nicht der Fall. Wir brauchten nicht viel Strom und ich war gespannt auf die Stromrechnung. Am Abreisetag kam die Überraschung. Die Stromkosten beliefen sich wirklich niedrig (2,50 Euro - ohne Angabe der Zählerstände), dafür wurde uns ein ganzer weiterer Tag berechnet (wir waren am 01.06. nachmittags eingelaufen und wollten am 03.06. vormittags wieder raus, mussten aber für drei Tage bezahlen). Eine plausible Erklärung wurde nicht gegeben, Widerstand war zwecklos, da der weitere Liegetag einfach vom zuvor hinterlegten "Deposit" abgezogen wurde - das war ganz deutlich eine "Strafgebühr" dafür, dass wir lästiger weise eine nachvollziehbare Abrechnung beantragt hatten. Wir blieben dann einfach noch einen weiteren Tag bis zum nächsten Morgen, um in Ruhe zu bunkern, obwohl wir uns bereits auch bei der Port Authority abgemeldet hatten - fiel in dem  allgemeinen Chaos ohnehin nicht auf.

Auch an unserem Rickmacher hatten wir "Freude": Das neue Rollreffsystem war "aus dem Baukasten" recht schnell installiert. Als es dann aber an die Demontage und Kürzung des zweiten, schon bestehenden Rollfocks gegangen wäre, bei dem wirklich ein wenig handwerkliches Geschick (nichts Außergewöhnliches) gefragt gewesen wäre, herrschte Ratlosigkeit. Während die Jungs zur Mittagspause fort waren, demontierten wir das Rollfock eben selbst (was später die grenzenlose Verwunderung der "Fachleute" hervorrief), dann ließen wir uns behelfsmäßig ein einfaches zweites Stag einbauen über das nachträglich die Führungsschiene fürs Segel gewürgt wurde, weil das vor Anpressen der Beschläge vergessen worden war. Bei dieser Dilettantenaktion zuzuschauen, war mir nicht mehr erträglich. Trotzdem wurde danach für das Machwerk der gleiche Betrag wie für die eigentlich bestellte Kürzung des Rollfocks verlangt. Letzteres müssen wir nun im Herbst mit nach Deutschland nehmen, um es beim Hersteller richten zu lassen. Wir hatten ein ähnliches Desaster erwartet, daher ärgerten wir uns nicht groß und hoffen, dass die Segel, wegen derer die ganze Aktion ja ablief, ordentlich gefertigt werden. Wir bekommen sie von einem Lizenznehmer der auch in Nordeuropa renommierten Firma "North Sails" - daher hegen wir eine gewisse Hoffnung ....

Inzwischen scheint allerdings die "Griechische Krankheit" auch auf Deutschland überzugreifen, wie wir aktuell an einigen traurigen Beispielen beobachten konnten. Motto: Man muss nicht nur unfähig sein, man sollte seine Unfähigkeit auch möglichst teuer verkaufen. Während meiner Arbeit für die Firma "Mettler Toledo" zum Thema "Unternehmenskultur" (inklusive: Entwicklung und Umsetzung des "ISO"-Standarts, Lean Management, Flache Hierarchien etc.) habe ich mich viel mit Themen der Seriosität und Ethik in der Wirtschaft befasst. Angesichts der derzeitigen Entwicklung fällt es schwer, zu glauben, dass solche Themen in Deutschland jemals auch nur angedacht wurden.

Noch was Nettes: In meinem Text "Der Eindruck" habe ich eine seglerische Strategie bei Sturmfahrt beschrieben, die ich so unter anderem bei einem der schwersten Stürme, die wir bisher auf See erlebten, aus eigenen Überlegungen heraus anwandte: Das Boot unter nahezu vollem (Genua-)Segel so stellen, dass die (ca. 2 Meter hohen) Wellen (und der Wind) in einem Winkel von ca. 20 Grad von hinten anrauschen. Eine Taktik, die sich beim extrem hohen Heck der "Unity" empfiehlt und die auch funktionierte: das Schiff wurde durch die Wellen gezogen und "surfte" jeden Wellenberg, der schräg von hinten durchkam, brav ab, auch wenn es sich jedes Mal etwas spektakulär ins Wellental legte, bevor sich der Bug wieder aufrichtete. Heute habe ich in einem Seglerbuch gelesen, dass diese Strategie das erste Mal 1967 von dem  berühmten Weltumsegler Moitessier angewandt wurde (als Alternative zum Treibenlassen oder "Beidrehen"). Der englische Hochseeregattasegler Adlard Coles schrieb damals darüber: "...wir fanden die Methode alle ziemlich verblüffend. Ich habe sie aber niemals auszuprobieren gewagt.". Hoppla - natürlich ist eine zehn Meter - Atlantikwelle (Frequenz 100m und mehr) etwas anderes als unsere "mickrige" 2-Meter-Mittelmeerwelle (Frequenz allerdings kurze 10m), aber ein wenig stolz bin ich doch; dabei schien mir diese Strategie rein von der Beobachtung der Bootsbewegungen her ganz einfach diejenige, die am meisten Stabilität und damit Sicherheit versprach. Hat sich jedenfalls bewährt, auch wenn ich von Moitessier damals noch nicht viel wusste.... Es muss allerdings auch erwähnt werden, dass diese Strategie nicht "1:1" auf die schnittigen "Yoghurtbecher" heutiger Tage anzuwenden geht: mit ihrem schmalen Bug unterschneiden sie die Welle in dieser Situation vermutlich - mit dann tatsächlich verheerendem Resultat > Sie würden im wahrsten Sinn des Wortes "in See stechen" - aber vermutlich nicht so leicht wieder auftauchen....

Eine Anekdote aus Epidauros zum Thema Motoryachten: falls sich mal eine große hierher verirrt, legt sie sich an den breiten Molenkopf direkt am Hafenplatz. Die Segler liegen an der Pier zwischen den Fischern und sind froh, in Frieden gelassen zu werden. Eine kleine Motoryacht legte sich dann doch neben uns. Gott sei Dank ein junges, nettes Ehepaar mit zwei Kindern, Nationalität Griechisch/Norwegisch/Polyglott. Bei der Abreise erwiesen sie sich aber dann doch als "richtige" Motorbootfahrer: Der Motor sprang nicht an. Wir hatten schon beobachtet, dass das Innere des Bootes die ganze Nacht hell erleuchtet war. Als wir nach dem Grund fragten, kam die Antwort "Wegen der Stechmücken". Wie bitte? "Na ja - damit man sie besser sieht und totschlagen kann. Himmel!!!!! Dass die Viecher gar nicht erst ins Boot gekommen wären ohne Festbeleuchtung, war augenscheinlich nicht bekannt. Jetzt waren jedenfalls die Batterien leer (für Nicht-ganz-Laien: 6 Halogenlampen à 1,5 Ampere x 8 Stunden = 72 Ah bei anscheinend schon am Vortag ziemlich schlappen 100 Ah Batteriekapazität ohne getrennten Anlasserkreislauf - von all dem hatte der erstaunte Skipper nicht den Hauch einer Ahnung). Eigentlich wollten wir zum berühmten Amphitheater fahren. Aber da die Familie so nett und die Kids so klein waren und noch ein weiter Weg zurück nach Athen anstand, wuchteten wir den Generator von Bord und begannen, die schlappen Batterien aufzuladen. Am Anzeigepanel erst mal keine Reaktion. Ich bat, einen Blick auf´s Hauptpanel im Schiffsinneren werfen zu dürfen, entdeckte den Schalter für Landstrombetrieb, danach klappte die Ladung. Das Boot war bereits seit über einem Jahr im Besitz der jungen Familie - den Schalter für Landstrom hatten sie noch nicht entdeckt. Unglaublich, aber wahr - sie hatten immer brav den Landstromstecker eingesteckt ohne zu bemerken, dass nicht ein einziges Ampère geladen wurde. Ich erklärte, während die Batterien ein wenig Ladung erhielten, kurz die allergrundsätzlichsten Grundlagen von Bordelektrik (ich denke, das Einzige was hängen blieb, war die Entdeckung des Landstromschalters und dass da "irgendwie" noch eine Zusatzbatterie für den Motorstart eingebaut werden muss. Nachdem der Motor wieder gestartet werden konnte, durfte er nicht noch eine Weile die maroden Batterien aufladen, wie ich geraten hatte - sofort wurde mit der elektrischen Ankerwinsch (exorbitanter Stromfresser) die Kette aufgeholt. Zwei Mal Tiefentladung innerhalb von wenigen Stunden - die Batterien sind vermutlich Müll. Der Bus zum Amphitheater war natürlich auch längst abgefahren. Seufz .... ;-)