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MSY "UNITY"

 

01. Juni 2007

 

Bild rechts: Standbild aus dem beim letzten (Überführungs-)Törn 2006 (Korfu-Marseille) gedrehten Film

 

Es steht an, das Logbuch der MSY UNITY zuzuklappen - und dies aus aktuellem Anlass: die "Unity" ist verkauft - und das ist gut so. Wir hatten das Boot 2002 gekauft, da wir für einige Zeit darauf wohnen, segeln, reisen und arbeiten wollten (in meinem Fall nach fast 20 Jahren als "Freiberufler" ohne Urlaub). Erster (Probe-)Törn im August 2002, Beginn der "Langfahrt" Anfang Mai 2003, das Ende sollte vorerst offen bleiben - "so lange wir Lust haben". Nach drei ereignisreichen Segelsommern war Ende 2005 dieser Punkt gekommen und als das Boot nach einem Überführungstörn 2006 von Korfu nach Port Napoleon bei Marseille im April 2007 per Tieflader den letzten Sprung in den Norden geschafft hatte, stellten wir fest, dass wir in Zukunft gar keine Zeit mehr haben (wollen), unsere Unity weiterhin in gebührender Weise mit ausgedehnten Törns zu "würdigen". Wir konstatierten, dass das Abenteuer mit und auf der "Unity" und der damit verbundene Lebensabschnitt wie alles seine Zeit gehabt hat. 

Nicht dass uns dieser Schritt nun mit Traurigkeit erfüllen würde.  Schließlich bleiben wir in gewisser Weise auch an unserem neuen Wohnort auf der Halbinsel Eiderstedt "mitten auf dem Meer". Das Meer geht uns also nicht verloren, wir können es ja jederzeit besuchen - wenn es uns denn grade mal besuchen kommt . Aber auch bei Ebbe erfreuen uns weiterhin Frische und Weite des Landstrichs, die ein Heimweh nach den Jahren auf See erst gar nicht aufkommen lassen - zumal da uns die Hitze des Mittelmeerraumes zunehmend lästig wurde - wir genießen auch nach einem Jahr im Norden noch immer jede frische Prise - angesichts von aktuell (23.06.07) 45° Hitze mit akuter Wasserknappheit in Griechenland und drückender Schwüle mit Unwettern selbst in Süddeutschland um so mehr....

Auch wenn die Nordfriesen eifrig darauf bestehen, ein ganz eigener Kulturkreis zu sein, können wir das als "Südländer" (schwäbisch/bayerisch mit fränkischen Wurzeln) gelassen akzeptieren und haben uns "trotzdem" schnell heimisch gefühlt: nach fünf Segelsommern, von denen drei fast komplett "fremdsprachig" (Englisch, Französisch, Griechisch) waren, und vielen Mentalitäten, deren Gebaren uns zuweilen recht "spanisch" anmutete, genießen wir es durchaus, wieder überwiegend "Muttersprachler" sein zu können, und die Deutung von Riten, Gesten und Verhaltensweisen überwiegend ohne intensives Grübeln und gegebenenfalls vorsichtig interessierten Recherchen zu meistern. Wiewohl über "den Nordfriesen als solchen" sicher auch so manche hoch interessante ethnologische Studie anzustellen wäre ... ;-))

Wir waren an so vielen interessanten Orten, haben so viele Menschen verschiedenster Nationen kennen gelernt, dass wir jetzt durchaus auch etwas ruhigere Gestade zu schätzen wissen. Wir konnten uns darin üben, offen für neue Sichtweisenweisen zu sein, haben jedoch auch Punkte ausgemacht, an denen wir uns ganz bewusst abgrenzten. Manchmal spontan, manchmal nach reiflicher Überlegung, zu der wir ja genügend Muse hatten. Wir konnten erleben, dass es über alle nationalen, kulturellen und sprachlichen Grenzen hinweg Menschen gab, die unsere Sympathie durch Freundlichkeit, Nachdenklichkeit und Intelligenz gewannen, aber wir konnten auch feststellen, dass Dummheit, Oberflächlichkeit und Rücksichtslosigkeit grenzenlos wuchernde Gebrechen sind.

Natürlich wollten auch viele seglerische Abenteuer bestanden sein und wurden auch glücklich gemeistert. Als imaginärer Sinnspruch hätte die Mahnung, die uns ein erfahrener Kapitän zur See und begeisterten Segler auf unsere Reise mitgab, über dem Kartentisch hängen können: Verlieren Sie nie die Achtung vor dem Meer! - Wir haben uns das zu Herzen genommen, was sicher zum guten Ausgang unserer Reisen beitrug. An Seglerhäfen machen wir zwar noch immer mit Interesse, jedoch ohne die geringste Wehmut gerne Halt: Wir hatten "das" ja in sehr konzentrierter und spannender Form einige Jahre lang. Das heißt, dass wir noch immer alles mit Kennermine beobachten, aber gerade deshalb auch um die Schattenseiten der Segler-Ambition wissen: viel Aufwand an Zeit, Geld und nicht zuletzt Arbeit (ironisches Motto unter Seglern: Wir segeln nicht übers Mittelmeer - wir reparieren uns durch..). Das machte für uns Sinn, solange wir an Bord lebten - jetzt stehen andere Dinge an, auf die wir uns konzentrieren wollen.

Selbst der weite Blick aus den Fenstern meines Arbeitszimmers (Ausschnitt oben) entschädigt mich täglich für den Entschluss, wieder zur "Landratte" mutiert zu sein (sofern das nach einigen Tausend Seemeilen auf eigenem Kiel noch möglich ist). Das Beste unserer Seezeit bleibt uns ja: die vielen Erinnerungen, Erfahrungen und Erkenntnisse aus den vergangenen Jahren (das auch aktuell gültige Resümee eines früheren Abenteuers habe ich bereits während unserer Reise in einer "Neujahrsgeschichte" notiert). Eines der wichtigsten Resümees aus den Reisen der letzten Jahre: "Wenn du nicht bei dir selbst zu Hause bist, bist du nirgendwo zu Haus". Vielleicht lag es daran, dass Elisabeth und ich uns auch hier im Norden so schnell zu Hause fühlten.  Wir haben "unterwegs" in der (relativen) Fremde manchmal darüber nachgedacht, was uns Begriffe wie "Zuhause" und "Heimat" noch sagen. Bereits im Logbuch eines "Heimaturlaubs" hatte ich darüber philosophiert und festgestellt, dass ich diese Begriffe nicht mehr an einem bestimmten Ort festmachen kann.
Wo dann? An ein paar persönlichen Erkenntnissen, Ambitionen und Überzeugungen vielleicht. 

"Last not least" wäre da vielleicht noch die Tatsache zu erwähnen, dass die große Nähe und Forderung nach gegenseitiger Verlässlichkeit beim Leben auf einer Yacht viele Ehen gefährdet oder gar zerstört, was bei Elisabeth und mir jedoch eher ein völlig anderes Resultat zeitigte: Als wertvolles Souvenir unserer Reisejahre betrachten wir ganz sicher unsere in all den großen und kleinen Abenteuern weiter gewachsene Vertrautheit und Fähigkeit, uns gegenseitig "Zuhause" zu sein. 

Ich glaube, mit diesem Fazit kann das Logbuch der Unity nach fünf spannenden und ereignisreichen Jahren mit einem zufriedenen und dankbaren Lächeln geschlossen werden.

Abendstimmung vor Eiderstedt